Du nimmst nicht zwischen Weihnachten und Neujahr zu – sondern zwischen Neujahr und Weihnachten

Bald ist wieder Weihnachten. Die Zeit des guten Essens, der guten Getränke – und der ebenso guten Vorsätze danach. In der Praxis höre ich jedes Jahr dieselben verzweifelten Fragen: Wie kriege ich die Feiertagskilos wieder runter?

Meine erste Antwort ist ganz einfach: Genießen Sie Weihnachten. Ohne schlechtes Gewissen. Es entscheidet sich nicht an drei Tagen im Jahr, wohin das Körpergewicht geht – sondern an den anderen 362 Tagen.

Die große Völkerwanderung ins Fitnessstudio

Zwischen Weihnachten und Neujahr passieren zwei Dinge:

  1. Die Menschen essen gut.

  2. Sie nehmen sich vor, ab dem 2. Januar alles anders zu machen.

Und dann beginnt die alljährliche Pilgerreise Richtung Fitnessstudio – begleitet von den klassischen Erklärungen:

„Ich habe schwere Knochen.“
„Das sind die Drüsen.“
„Das kommt von Wassereinlagerungen, ganz sicher.“

Zur Objektivierung hilft aber meist ein simpleres Messinstrument: der Bauchumfang. Der misst weder Knochen noch Drüsen – aber ziemlich zuverlässig die Realität.

Das eigentliche Problem ist nicht Weihnachten

Die spannende Frage lautet: Wie kann man genussvoll leben und trotzdem nicht zunehmen? Genuss und Gesundheit schließen sich keineswegs aus.

Natürlich unterscheiden sich Menschen im Stoffwechsel, und es wird diskutiert, ob bestimmte Darmbakterien aus Ballaststoffen mehr Energie gewinnen können als andere. Alles interessant – aber keine Erklärung für deutliche Gewichtszunahmen.

Denn am Ende bleibt es eine nüchterne Physikaufgabe: Kalorien rein – Kalorien raus.

Ein Kilogramm Körperfett entspricht etwa 7.000 kcal. Würde ein Mensch ohne erhöhte Kalorienaufnahme mehrere Kilo Fett „produzieren“, hätten wir das erste funktionierende Perpetuum Mobile. Das passiert nicht.

Grundumsatz, Lebensstil und die Macht der Muskulatur

Der tägliche Energieverbrauch besteht aus zwei Komponenten: dem Grundumsatz, also dem, was der Körper selbst im Ruhezustand verbraucht, und dem Bewegungsumsatz, also allem, was wir aktiv tun.

Wenig bekannt ist, dass Muskeln die größten Energieverbraucher sind. Fettgewebe, Knochen und Bindegewebe verbrauchen im Vergleich fast nichts.

Ein Kilogramm Muskulatur benötigt im Ruhezustand rund 13 kcal am Tag – also etwa 4.745 kcal im Jahr. Wer sich 3 kg Muskulatur antrainiert, verbraucht allein dadurch rund 15.000 kcal jährlich, was etwa 2 kg Körperfett entspricht.

Und ganz ehrlich: 3 kg Muskulatur sehen einfach besser aus als 2 kg Fett.

Damit wird klar: Wer langfristig schlank bleiben will, kommt an Muskulatur, Bewegung und alltagstauglichen Gewohnheiten nicht vorbei.

Und nach Weihnachten – was tun?

Niemand muss an Weihnachten zum Fitnessmönch mutieren. Aber Bewegung gehört dazu.

Bewegen Sie sich so oft, dass Ihr Körper merkt, dass Sie es ernst meinen.

Spaziergänge, kurze Trainingseinheiten oder ein moderater Besuch im Fitnessstudio reichen völlig aus.

Eine praktikable Möglichkeit ist auch, gelegentlich eine Mahlzeit durch einen Eiweißshake zu ersetzen – vorausgesetzt, er enthält sehr wenig Kohlenhydrate. Der Vorteil liegt weniger in der Kalorienreduktion als darin, dass der Körper genügend Eiweiß bekommt, um Muskulatur zu erhalten, und dass hohe Insulinspitzen verhindert werden.

Die zwei Bad Guys: Kalorien und Insulin

Für Gesundheit und Gewicht sind im Wesentlichen zwei Faktoren entscheidend: zu viele Kalorien und dauerhaft hohe Insulinspiegel.

Insulin ist lebensnotwendig, aber dauerhaft erhöhte Spiegel führen zu einer Reihe unerwünschter Effekte:

Insulinresistenz (viel Insulin, was nicht mehr wirkt) mit Entwicklung eines Typ-2-Diabetes, verstärkte Fetteinlagerung, erhöhte Triglyzeride, Fettleber, beschleunigte Arteriosklerose, Blutdruckanstieg durch Natriumretention, gehemmte Fettverbrennung, erhöhte Entzündungsbereitschaft und vermutlich auch gesteigerte Zellteilung mit potenziell krebsbegünstigenden Auswirkungen.

Insulin ist also unverzichtbar – aber kein angenehmer Dauergast.

Fazit

Genießen Sie Weihnachten.
Bewegen Sie sich so oft, dass Ihr Körper merkt, dass Sie es ernst meinen.
Vergessen Sie Mythen über Drüsen, schwere Knochen und andere Ausreden.

Und falls es trotzdem nicht klappt: Vielleicht war einfach Ihr Mikrobiom besonders ambitioniert.

Bewegung hilft und kostet nichts.

Dr. med. Stefan Rupp
Hausarzt in Freiburg-Littenweiler
Allgemeinmedizin, Prävention & Ernährungsmedizin

Weiter
Weiter

Schlafkindlein Schlaf – und warum wenig Schlaf dick macht